Berlin, 09.07.2015

Zehn Jahre EnWG- „Verbliebene Baustellen der Liberalisierung angehen“

Die zweite Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) im Juli 2005 brachte einen deutlichen Schub für mehr Wettbewerb auf dem deutschen Energiemarkt. Die Regulierung der Netzentgelte, der diskriminierungsfreie Zugang zum Gasnetz für unabhängige Vertriebe oder die Liberalisierung des Messwesens waren wichtige Neuerungen. Zehn Jahre später besteht aber in punkto Transparenz der Netzregulierung und Standardisierung von Geschäftsprozessen noch erheblicher Handlungsbedarf.

Die Novelle des EnWG vor zehn Jahren brachte einen Schub für den Wettbewerb auf dem Gasmarkt. Gegen den Widerstand der etablierten Monopolisten setzten sich lekker Energie (die damalige Nuon Deutschland) und der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) erfolgreich für einen diskriminierungsfreien Zugang für unabhängige Anbieter zum Gasnetz ein (Entry-/Exit-System). „Für private Verbraucher war dies ein Durchbruch. Sie konnten erstmals zu einem alternativen Anbieter wechseln und von günstigeren Tarifen profitieren“, sagt Josef Thomas Sepp, Sprecher der Geschäftsführung der lekker Energie GmbH.

Ein Meilenstein bedeutete zudem die mit dem EnWG 2005 eingeführte Regulierung der Strom- und Gasnetzentgelte durch die Bundesnetzagentur beziehungsweise die Landesregulierungsbehörden. Die etablierten Player hatten zuvor die Netznutzungsbedingungen gerne als Markteintrittsbarriere für neue Anbieter genutzt. „Die behördliche Prüfung und Genehmigung von Netzkosten war ein großer Fortschritt“, betont Robert Busch, Geschäftsführer des Bundesverbandes Neue Energiewirtschaft. Ein seit Jahren ungelöstes Problem ist die Blockadehaltung vieler Verteilnetzbetreiber in Sachen Transparenz. „Wie aktuelle Analysen zeigen, sind die Strom-Netzentgelte in den vergangenen Jahren um durchschnittlich 15 Prozent gestiegen und machen einen erheblichen Teil der Kosten aus. Die Verbraucher haben aber nach wie vor keinen Einblick, wie mit diesen Entgelten umgegangen wird. Die Verteilnetzbetreiber müssen ihre Geheimhaltung endlich aufgeben“, fordert bne-Geschäftsführer Robert Busch.

Wenig sinnvoll sind nach wie vor die Ausnahmen für kleine Netzbetreiber bei der Regulierung. „Wir müssen aufhören die Zersplitterung der Energieinfrastruktur durch solche Sonderregeln weiter zu begünstigen. Die Novelle der Anreizregulierung bietet dazu eine gute Gelegenheit“, so Busch.

Geschäftsprozesse standardisieren

Für die Geschäftsprozesse der Vertriebe bedeutet die hohe Anzahl an Verteilnetzbetreibern einen erheblichen Zusatzaufwand. Eine weitere Standardisierung ist aus Sicht von Josef Thomas Sepp dringend notwendig. „Nach Jahren intensiver Arbeit haben wir es auch mit der Hilfe des bne endlich geschafft, einen bundeseinheitlichen Netznutzungsvertrag für Stromlieferanten zu etablieren. Dieses Modell müssen wir nun auch auf den Gassektor übertragen“, so Sepp. Aktuell sind Gaslieferanten noch mit individuellen ergänzenden Geschäftsbedingungen der über 700 Gasverteilnetzbetreiber konfrontiert. „Nicht hilfreich ist zudem das Wirrwarr an Datenformaverwenden. Auch hier tut eine Vereinheitlichung dringend Not.“